Matthias Gretzschel - Als freier Autor für die Kirchenpresse

Matthias Gretzschel - Als freier Autor für die Kirchenpresse

Matthias Gretzschel wird 1957 in Ortrand (Brandenburg) geboren und wächst ab 1958 in Dresden auf. Sein Vater ist dort als Pfarrer tätig. Durch den religiösen Hintergrund der Familie befinden sich nicht die Presse der SED, sondern die Zeitungen der Sächsischen Landeskirche bzw. der CDU im Hause Gretzschel. Da Gretzschel nicht in die SED-gesteuerten Jugendorganisationen Junge Pioniere bzw. Freie Deutsche Jugend (FDJ) eintritt, liest er auch deren Publikationen nicht. Als Jugendlicher hört er meist den westdeutschen Deutschlandfunk und seine politische und kulturelle Bildung ist stark von diesem Einfluss geprägt.

Nach der Schule absolviert Gretzschel berufsbegleitend die Lehre zum Buchhändler. Seine Arbeitsstelle ist eine kleine Buchhandlung in Dresden. In dieser Diaspora gibt es auch seltene oder unerwünschte Publikationen, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, jedoch im vertrauenswürdigen Kundenkreis kursieren. Ab November 1977 leistet er den anderthalbjährigen Dienst als Bausoldat ab. Danach studiert er Theologie an der Sektion Theologie der Karl-Marx-Universität Leipzig, wo ein geistig-liberales Klima herrscht. Freies Diskutieren und das Lesen von Publikationen aus dem Westen sind hier Normalität. Im Anschluss des Studiums wird er Forschungsstudent an der Theologischen Fakultät und promoviert 1988 zum Thema „Kirchenraum und Ausstattung im 19. Jahrhundert“.

In den 1980er-Jahren ist er als freier Autor für die Sächsische Kirchenzeitung „Der Sonntag“ tätig. Zunächst verfasst er Filmkritiken und schreibt Kinderbeiträge. Ende der 1980er-Jahre greift er auch gesellschaftskritische Themen, wie die Sprengung der Leipziger Universitätskirche, auf. Dies ist nicht selbstverständlich, denn gerade im Jahr 1988 fallen Kirchenzeitungen bzw. kritische Artikel massiv der Zensur des Presseamtes zum Opfer. In den 1980er-Jahren besitzt Gretzschel Kontakte zur Leipziger politisch-alternativen Szene. In diesem Zusammenhang nimmt er auch deren Themen wie Umwelt oder Frieden auf. Im Jahr 1989 schreibt er beispielsweise über die geplante, und dann verbotene, Demonstration gegen die Verschmutzung des Flusses Pleiße. Wenn er über solche Aspekte berichtet, muss allerdings immer ein kirchlicher Bezug vorhanden sein. Dennoch werden nicht alle seine Beiträge von der Redaktion zum Druck gebracht.

Ab September 1989 schreibt er nun regelmäßig über die Montagsgebete in der Leipziger Nikolaikirche und die darauffolgenden Demonstrationen. Am 9. Oktober 1989, einem Wendepunkt in der ostdeutschen Demokratiebewegung, ist er der einzige Journalist in der Nikolaikirche. Seine Reportage darüber erscheint nun in vielen anderen Kirchenzeitungen. Aus familiären Gründen erfolgen im Dezember 1989 die Ausreise aus der DDR und der Umzug nach Hamburg. Seitdem ist er Kulturredakteur beim Hamburger Abendblatt.

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