Hartmut Brix - In den Fängen der Propaganda

Hartmut Brix - In den Fängen der Propaganda

Hartmut Brix wird wegen des Besitzes von westlichen Schriften und Fahrten nach Westberlin gemeinsam mit einer Gruppe Leipziger Jugendlicher verurteilt. Sein Fall nutzt die Leipziger Volkszeitung propagandistisch. Schuld an seinem „Fehlverhalten“ soll das Hören des Senders RIAS gewesen sein. Besonders perfide ist, dass die Wärter ihm in der Haft die Zeitungen mit seinem Namen vorzeigen.

Hartmut Brix vor der Inhaftierung ca. 1960
Quelle: Privat

Am 9. Februar 1941 wird Hartmut Brix im ostpreußischen Gröben geboren. Im Zuge der heranrückenden Front flüchtet die Familie im Januar 1945 nach Sachsen und wird in Leipzig ansässig. Die Mutter zieht die Kinder alleine auf, da der Vater im Krieg verschollen bleibt. Brix erlernt den Beruf des Bauschlossers. Neben seiner Arbeit besucht er die Volkshochschule, mit dem Ziel die Mittlere Reife abzuschließen. Seine Leidenschaft ist das Radfahren und seit 1959 ist er lizensierter Amateurradrennfahrer.
Für ihn selbstverständlich ist das Hören von Westradiosendern und er betrachtet diese als glaubwürdiger. Mit seinen Freunden besucht er mehrmals im Jahr Westberlin, kauft sich dort Kriminalromane und Wild-West-Literatur.

Im Zuge der Inhaftierung eines Freundes wird auch er am 2. September 1961 von der Transportpolizei in Gewahrsam genommen. In der Untersuchungshaft der Staatssicherheit erfolgen zwei Wochen lang belastende Verhöre. Gleichzeitig finden Hausdurchsuchungen bei ihm statt. Dort findet die Geheimpolizei seine Kriminal- und Wild-West-Romane. Die Staatspartei SED stuft dies generell als Schund- und Schmutzliteratur ein. Problematisch ist seine private Waffensammlung. Privater Waffenbesitz ist in der DDR strengstens verboten. Hinzu kommt, dass die SED, Staatssicherheit, Medien und SED-Organisationen geradezu hysterisch gegen das Hören von Westsendern vorgehen. Dies wird zu einem wesentlichen Anklagepunkt ausgebaut.

Anklage: Feindliche Einstellung wegen des Hörens von Westsendern und des Lesens sogenannter - Hetz- und Schundschriften. Anklage: Feindliche Einstellung wegen des Hörens von Westsendern und des Lesens sogenannter - Hetz- und Schundschriften.

Am 9. November findet die Gerichtsverhandlung gegen die Jugendlichen statt. Wobei ein Exempel statuiert wird: Schon tags darauf fällt das Urteil für Brix und die Anderen. Die Verurteilungspunkte: Fortgesetzte staatsgefährdende Propaganda und Hetze sowie Verbrechen gemäß der Verordnung über die Bestrafung von illegalem Waffenbesitz. Brix erhält drei Jahre Zuchthaus, die er in Waldheim, Lübben und Bautzen absitzen muss.

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Seinen Fall nutzt die Presse propagandistisch. Allzu gut fügt sich der Fall in die Pressekampagne „RIAS spritzt Gift“ ein. Schuld an seinem „Fehlverhalten“ soll das Hören des Senders RIAS gewesen sein. Er und seine Mutter werden öffentlich diffamiert. In der Haft legen ihm die Wärter diese Zeitungsberichte in die Zelle.

Mitteilung in der Leipziger Volkszeitung. Auch seine Mutter wird diffamiert.
Quelle: Privat

Im Mai 1964 erfolgt die Entlassung aus der politischen Haft. Danach muss er sich zwei Jahre lang einmal im Monat bei der Volkspolizei melden. Dennoch lässt er es sich trotz der harten Bestrafung nicht nehmen, weiterhin Westsender zu hören und zu sehen. Die Haft hat für Hartmut Brix seelische Folgen hinterlassen. Nach der staatlichen Einheit rehabilitieren ihn die bundesdeutschen Justizbehörden.