Westmedien


Westmedien

Westmedien

Der SED gelingt es zwar den westdeutschen Printmedien und Verlagen den Zugang zum DDR-Markt zu verwehren, doch Rundfunk und Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland können das Medienmonopol der SED teilweise durchbrechen. Westdeutscher Rundfunk ist im gesamten Land zu empfangen, Fernsehsender in den meisten Regionen. Vor allem die Radiosender „Deutschlandfunk“ und der „Rundfunk im amerikanischen Sektor“ (RIAS) richten die Programme auf die Hörerschaft in der DDR aus. Neben spritzigen Unterhaltungsprogrammen ist es möglich, Informationen über aktuelle Literatur, Kunst oder intellektuelle Debatten zu erhalten.

Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS)
Quelle: ABL

Ein besonderes Phänomen in der DDR sind die in Richtung Westen gerichteten Antennen auf den Häuserdächern, die mit viel Einfallsreichtum selbst gebastelt werden. Damit können auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender der Bundesrepublik gesehen werden. ARD und ZDF greifen in ihren Sendungen „ZDF-Magazin“, „Kennzeichen D“ oder „Kontraste“ spezifische DDR-Thematiken kritisch auf. Zudem sind in West wie in Ost Straßenfeger wie „Einer wird gewinnen“ oder „Wetten dass“ beliebt. Im Interesse der ostdeutschen Zuschauer stehen aber auch politische Themen wie Bundestagswahlen.

In den ersten beiden Jahrzehnten bekämpft die SED das Hören und Sehen der „Hetz- oder Feindsender“ massiv. Mit Sprüchen wie „Die Sonne geht im Osten auf, im Westen geht sie unter. Wir bauen für den Frieden auf, drum West-Antennen runter“ oder „RIAS lügt - die Wahrheit siegt“ nutzt die SED ihre umfänglichen propagandistischen Möglichkeiten. Zudem versucht sie mit technischen Mitteln den Empfang zu stören. Hinzu kommen „handfeste“ Kampagnen in Betrieben und Schulen. Unmittelbar nach dem Mauerbau im August 1961 initiiert beispielsweise die Freie Deutsche Jugend (FDJ) die Aktion „Blitz kontra NATO-Sender“, um das Hören und Sehen der Westsender endgültig zu unterbinden.

„Die Sonne geht im Osten auf, Im Westen geht sie unter.
Wir bauen für den Frieden auf, drum West-Antennen runter.“

Die FDJ-Aktivisten zwingen die Bevölkerung die Antennen abzumontieren, bauen sie selbst ab oder drehen sie wieder in die „richtige“ Richtung. Doch die Bevölkerung bleibt derart resistent, dass die SED ab den 1970er-Jahren das repressive Vorgehen aufgeben muss.

Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS)
Quelle: Deutsches Rundfunkarchiv

Eine Besonderheit im Kampf gegen die Westsender ist die propagandistische Sendung „Schwarzer Kanal“. Die meist aus dem Zusammenhang gerissenen und zurechtgeschnittenen Beiträge des Westfernsehens werden propagandistisch kommentiert. Die Sendung genoss in der DDR-Bevölkerung nur sehr geringe Glaubwürdigkeit.

Der Fotograf Siegfried Wittenburg

Quelle: Siegfried Wittenburg
Der Fotograf Siegfried Wittenburg zum Hintergrund des Fotos: "Das ist das Wohnzimmer eines älteren Ehepaares, meine Eltern, in Rostock-Lichtenhagen 1983. Für den Empfang von Fernsehen und Radio aus dem Westen hatte mein Vater eine Yagi-Antenne gebaut und diese, wie viele Mitbewohner auch, auf dem Dach des Plattenbaus installiert. Die Signale wurden von einem selbst gebauten Antennenverstärker verstärkt und per Koaxialkabel ins Wohnzimmer zu einem handelsüblichen Konverter geleitet, der wiederum entsprechend manipuliert wurde. In den 1980er-Jahren, vielleicht auch früher, erkannte die SED die massenhafte Verschwendung von Material, u. a. wertvolles Kupfer, und kapitulierte vor dem Hang der Bevölkerung, Westfernsehen zu konsumieren. In der Folge wurde auf einem Hochhaus im Nordwesten Rostocks eine zentrale Empfangsstation errichtet, die alle deutschen Programme einschließlich Dänemarks per Kabel in die Wohnzimmer leitete. Die Befürchtung, dass der Staat diese Empfangseinrichtung im Konfliktfall abschalten würde, blieb allerdings bestehen. In den unverkabelten Altstadtgebieten blieben die Yagi-Antennen bis zum Ende der DDR auf den Dächern."

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